100 Jahre Posaunenchor Talle
Vom Dank an Gott bis zur Reise ins Glück
ein wunderbares Fest in drei Teilen


„Nun danket alle Gott“ – mit diesem Choral begann in Talle zu Weihnachten 1906 die „Posaunenzeit“. Die natürlich in der Bibel schon vor tausenden von Jahren startete. Klar, dass beim Fest „100 Jahre Posaunenchor in Talle“ vom 25. bis 27. August 2006 auch die berühmten Posaunen von Jericho eine erinnerungsreiche Rolle spielten. Und die Hörner von Moses aus dem Alten Testament. Als ich am Freitagabend aber auf den Platz vor dem neuen Kirchengemeindehaus ankam, klang mir „Ramona“ ins Ohr. Und eine Reise ins Glück – Sail along silv’ry moon von Billy Vaughn. Ohrwürmer, die auch mit Posaunen, Waldhörnern und Tubas und anderen goldenen Instrumenten sehr einladend klangen. Und so war die Stimmung bestens, als dieser Taller Posaunenchor sein 100jähriges mit Bier und Bratwurst begann. Wobei um 17 Uhr der Himmel noch alle Schleusen geöffnet hatte, als wollte er die Gäste möglichst von so viel weltlicher Musik fernhalten. Um sich dann doch zu besinnen – und es war ein stimmungsvoller fröhlicher Abend.

100 Jahre als Bild- und Life-Revue
Dann aber war „festlich“ angesagt – am Samstag kamen zahlreiche Ehrengäste zum Festabend ins kirchliche Gemeindehaus, das Küster Albrecht Schröder und sein Team wieder besonders liebevoll mit Sonnenblumen dekoriert hatte. Und alle Festredner lobten, dass dieser Chor nun schon seit fünf Generationen getreu Psalm 150  den Herrn mit Posaunen loben. Chorleiter Werner Prüßner – er hat dieses Amt bereits seit 1975 inne! – begrüßte und wies darauf hin, dass es in Lippe immerhin nicht weniger als 62 Chöre gäbe. Und dann wurde innigst und originell „gegrüßt“: Pastor Dirk Hauptmeier, Superintendent der Klasse Brake und ehemaliger Pastor in Talle,  lobte den Chor als „mobile Orgel“, die Mobilität seit Generationen zwischen Gott und den Menschen biete. Dr. Andreas Draeger fand natürlich besonders herzliche Worte – er ist Leiter des Posaunenchores in Perleberg, mit dem seit 25 Jahren bereits eine Partnerschaft besteht – im Anfang, zu DDR-Zeiten, noch eine recht schwierige Konstellation, die nur Besuche der Taller „drüben“ zuließ. Er war mit starker Chor-Abordnung und Gemeindepfarrer Pastor Tilmann Kuhn angereist und freute sich, dass die Partnerschaft die Wende so positiv überlebt hat. Der Kalletaler Bürgermeister Klaus Fritzemeier lobte die „Bandbreite“ von Chorälen bis zu Swing und Pop und erinnerte an „Posaunengeneral“ Eduard Gotthelf Kuhlo, der ja auch im nahen Gohfeld wirkte und dort seine letzte Ruhestätte gefunden habe. Lippes stellvertretender Landrat Erhard Arning wies gutgelaunt darauf hin, dass er nur mal ein Feuerwehrhorn versucht habe. Und natürlich lockerte der Posaunenchor die Grußworte auf – mit Telemann ebenso wie mit Mozart und Bach. Denn die Taller machten auch hier eindrucksvoll klar, wie vielseitig sie sind.

 

„Kirche auf der Strasse“

Pfarrer Andreas Mattke, Obmann des Lippischen Posaunendienstes (Landesposaunenwart Christian Kornmaul dirigierte an diesem Abend sogar den Chor) betonte, dass dieser Taller Chor nun schon seit 100 Jahren auch „Kirche auf der Strasse“ biete, also nicht nur Gottesdienste gestalte. Und weil die Melodie des Herzens ein wichtiger Dienst sei, überreichte er allen Chormitgliedern eine wunderbare Rose. Für die Dorfgemeinschaft hob dann Dieter Hartwig hervor, dass die Posaunen besonders auch mit ihren vielen jungen Mitgliedern wichtig für die Gemeinschaft seien und überreichte einen Zuschuss für eine Fahrt. Werner Prüßner, der bereits 40 Jahre dem Chor angehört, zeigte damit schließlich auf, dass hundert Jahre ja gar nicht so lang seien. Bevor dann Talles Pastorin Christina Hilkemeier darauf hinwies wieviel ärmer die Kirchengemeinde ohne Geistliche Abendmusiken, ohne Adventsmusik und Weihnachtsblasen sei, die der Chor – neben der Mitgestaltung der Gottesdienste – auch gerne biete. Dazu gab es eine Sonnenblume von „Hausvater“ Albrecht Schröder. Und dann gestand Organistin und Kirchenchorleiterin Ursula Kimura, dass die Orgel wohl nur „die Kartoffelsuppe“ sei und die Posaunen „der Festtagsbraten“, stimmte dann, unterstützt vom Kirchenchor-Vorsitzenden Uwe Pätzold, einen sakralen Tischkanon an. Bevor ein leckeres kaltes Buffet (aber am allerbesten war doch wohl die warme Suppe á la Hochzeitssuppe) für die versprochene Überraschung stärkte.

 

Professionelle Akteure Caroline und Jürgen
Jürgen Prüßner war es dann, der zusammen mit Caroline Mittrowan (besser als geborene Böke bekannt) eine 100-Jahr-Revue starten ließ, die alle Ehrengäste bis zum letzten Bilddokument faszinierte. Die kombinierte Bilder-Wochenschau-Musik-Präsentation ist in ihrer Originalität vielleicht am besten mit den immer wieder (vom Posaunenchor Talle) eingespielten Liedern zu verdeutlichen: Natürlich begann alles 1906 mit dem Choral „Nun danket alle Gott“, dann folgten Bonhöffers „gute Mächte“, 20 Jahre später wurden die Beatles mit Lady Madonna wieder präsent, schließlich sogar – auch aus Gründen der Partnerschaft mit Perleberg – eine neue Kombination der BRD-DDR-Hymne aufgeführt. Und als dann mit dem Spiritual „Just a closer walk“ das Jahr 2006 erreicht wurde, waren zwei spannende Stunden wie im Fluge vergangen. Fliegen mussten zwischendurch auch immer Jürgen  und Caroline – denn sie kleideten sich jeweils passend zu den einzelnen Themenabschnitten, mal landmännisch, mal hippiemäßig, mal sportlich und mal wirtschaftswunderlich-elegant - eine wahrlich witzig-intelligenten Hundert-Jahr-Revue. Kein Wunder, dass die Gäste sogar noch länger blieben, auch Bürgermeister Fritzemeier beispielsweise voll des Lobes war. So etwas hätte er noch nicht gesehen, stellte das Kalletaler Gemeindeoberhaupt fest...

 

Festgottesdienst und Abschied

Aber am Sonntag waren trotzdem wieder alle guter Dinge, als es zum Festgottesdienst in die Peterskirche ging. Da wechselten sich „Trumpet Tune and Air“ mit zarten Gemeindeliedern ab (wie „Morgenlicht leuchtet“, spielte Psalm 98 eine wichtige rolle, in dem frohlockt wird „Mit Trompeten und Posaunen jauchzet dem Herrn, dem König“. So ging Landesposaunenpfarrer Andreas Mattke dann in seiner Predigt auch auf das Halleluja ein, was ja hebräisch heißt 2lobt Gott“. Und fragte natürlich auch kritisch, ob man in unserer Welt mit den vielen Sorgen überhaupt Halleluja singen kann. Aber er fand mit Augustin, dass uns dieses Halleluja, diese Dauerleihgabe des Volkes Israel, auch als Wegzehrung gegeben wurde. Nachdem Pastorin Christine Hilkemeier den Segen gespendet hatte, jauchzten die Posaunen nochmals nach Felix Mendelssohn-Batholdy „Denn er hat seinen Engeln befohlen über dir“. Wobei das Gemeindelied „Nun danket alle Gott“ sicherlich auch in diesem Gottesdienst mit besonderer Inbrunst gesungen worden war.

 

Goldene Ehrennadel verliehen

Gerne hatte im Gotteshaus noch die Vorsitzende der Taller Posaunen, Karin Schlehmeier, auch die ehrenvolle Aufgabe übernommen, dem „Landesposaunenpfarrer“ Andreas Mattke und Landesposaunenwart Christian Kornmaul mit der goldenen Ehrennadel des Lippischen Posaunenwerks auszuzeichnen. Anschließend gab es im Gemeindehaus noch fix Suppe – und dann mussten sich die Perleberger verabschieden. Und alle waren froh, dass so ein schönes Fest dieses 100jährige Jubiläum zum unvergesslichen Ereignis hatte werden lassen. Also doch ein Grund für zumindest 100 Halleluja!

 

Text und Fotos: Alois Gassner


Bericht Talle im Kalletal ID: 54 / 04.09.2006
 
http://www.gassnerservice.de/talle/posaunenchor2006 Komplette Fotoseite . . .



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